Die Familie Freiherr von Bruselle

Die Familie Freiherr von Brusselle (1843-1944)

1. Generation

Die einzige Tochter Christian Detlev von Holstein, die am 3.März 1815 geboren war, heiratete am 12.Februar 1838 den in Württemberg geborenen und im Dienste des österreichischen Kaisers stehenden Rittmeister Josef Freiherr von Bruselle. Mit ihm verbrachte die junge Gräfin ihre ersten Ehejahre unbeschwert in den Weiten der ungarisch den Pussta, was ihrer Leidenschaft für die Reiterei sehr entgegenkam.

Josef Brusselle war ein ernster von hohen Idealen erfüllter Offizier, der den Pflichten und der Verantwortung für das Erbgut seiner Frau Vorrang vor einer vielleicht verlockenden Offizierslaufbahn gab und im Jahre 1943 seinen Dienst quittierte.

Als Bevollmächtigter seiner Frau organisierte und förderte der ehemalige Offizier das Gutsgeschehen nach straffen militärischen Gewohnheiten. Erstmalig wurden Feuchtstellen drainiert, eine neue Schafherde angeschafft, am „Vogelberg“ entstand ein Wohnhaus für 6 Familien, die alten Brau- und Brennrechte wurden 1859 an den Erbzinsmüller in Hamfelde verpachtet, die alte, baufällige Kirche wurde abgerissen und nach den Plänen des Architekten Lohmeyer 1857 /58 neu erbaut. Außerdem betätigte sich Josef Brusselle in der Verwaltung des Herzogtum Lauenburgs, in dem er als einer der Abgeordneten die 22 landtagsfähigen Güter vertrat.

Für all dies blieben ihm nur knapp 20 Jahre und die Fertigstellung seines letzten Projektes, der Errichtung einer Roggenscheune die heute der Trocknung und Lagerung des Getreides dient. Erlebte er nicht mehr. Bei einem Familienbesuch in Württemberg erlag er am 8.8.1862 einer plötzlich aufgetretener Brechruhr. Sein Leichnam wurde nach Basthorst überführt und in Basthorst beigesetzt.

Seine Frau Sofie Emilie Warwara überlebte ihn um fast 42 Jahre und erwies sich als eine außerordentlich tatkräftige Frau. Mit fürsorglicher Strenge dirigierte sich nicht nur die Laute des Hauses und des Hofes, sondern auch der Dörfer. Wie auch zu den anderen 21 Gütern des Landes kam zur Erledigung ihrer gerichtlichen Pflichten ein rechtsgelehrter Syndikus aus Ratzeburg. Er entschied alle Streitfragen und war auch sonst ein guter Berater bei Problemen des Alltags.

Josef und Sofie Bruselle hatte 2 Söhne – Felix (geb.1840) und Otto (geb.1843) – sowie 2 Töchter – Agnes (geb. 1839) und Therese (geb.1844), die von der gebürtigern dänischen Mutter mit preußischer Strenge und zum teil nach eigenen Schulplan ausgebildet wurden. Die beiden Söhne sollten später zu Erben verschiedener Güter werden.

In die „Herrschaftszeit“ Sofie Emilies fielen bedeutsame politische Entscheidungen und Veränderungen.

So besetzten zur Klärung der schleswig- holsteinischen Frage 1864 sowohl österre3ichische als auch preußische Truppen das Land. Es kam zu verschiedenen Kämpfen mit den Dänen, bei denen der älteste Sohn Felix Brusselle auf preußischer Seite teilnahm und sich auszeichnete. 1865 schloss sich das Herzogtum Preußen an , im Jahr darauf kam es zum Bruderkrieg zwischen Preußen und Österreich, mit der Entscheidungsschlacht bei Königgrätz am 3.7.1866.

Felix nahm auch an dieser Schlacht teil, allerdings diesmal jedoch als Offizier eines österreichischen Ulanenregiments.

Bei diesem Gefecht geriet er in preußische Gefangenschaft, die erfreulicherweise nur wenige Wochen dauerte.

1876 wurde Sofie Emilie Warwara Brussselle zum letzen Mal vom Landesherrn, diesmal einem Preußen, mit dem Gut Basthorst belehnt. Das Lehnswesen hielt noch bis 1876 und wurde dann endgültig aufgelöst.

1867 bildeten die ersten Reichstagswahlen den Übergang zur Demokratie. 1869 hatte Preußen eine entschiedene Anordnung zur Trennung von Gewalt im demokratischen Sinne aufgestellt, womit das Hofgericht und die 22 „Adlichen Gerichte“ aufgelöst wurden. In Ratzeburg entstand das Kreisgericht und in Schwarzenbek das bis heute zuständige Amtsgericht. Damit erfolgte die Loslösung der drei Gemeinden von der alten Gutsobrigkeit. Statt der bisherigen Bauernvögte gab es nun Gemeindevorsteher. Unter dem Basthorster Gutsinspektor entstand ein Amtsbezirk, dem 11 Gemeinden angehörten: Basthorst, Dahmker, Hamfelde, Havekost,. Kasseburg, Köthel, Kuddewörde, Möhnsen, Mühlenrade, Rothenbek und der Gutsbezirk Basthorst.

Am 31.12.1876 endet eine seit mindesten 600 Jahren dauernde, enge Beziehung zwischen adligen Grund- und Gerichtsherren auf dem Hof Basthorst und der Bauernschaft von Basthorst, Dahmker und Hamfelde., doch schon bedingt durch die räumliche Nähe wuchsen Dorf und Gut seitdem zu einer Einheit zusammen.

Kurz vor seinem Tod 1862 hatte Josef Brusselle seinen ältesten Sohn Felix zum Erben seiner süddeutschen Besitztümer bei Darmstadt bestimmt, während sein jüngerer Sohn Otto Basthorst erben sollte.

Während Felix Brusselle seine Erbschaft später verkaufte und in die Heimat seiner Frau nach Österreich zog, kam Otto Brusselle 1885 zurück nach Basthorst.

2.Generation

Otto Brusselle hatte in seiner Jugend eine solide, landwirtschaftliche Ausbildung in Praxis und Schule genossen, heiratete 1873 eine Tochter aus der württembergischen Heimat seines Vaters und übernahm 1885 die Überlassenschaft seines Vaters, zog jedoch nicht dorthin. Bislang regiert die recht resolute, geachtete, wenn auch mitunter etwas schwierige, alte Baronin lieber mit ihren Verwaltern alleine.

Aus der Ferne nahm Otto zwar bei größeren Entscheidungen wie z.B. der Linienführung der Bahn Schwarzenbek- Oldesloe Einfluss, ansonsten hielt er sich aber zurück, zumal er am Kaiserlichen Österreichischen Hof und als Gesandtschaftsattaché in Hamburg eingebunden war.

Am 3.Februar 1904 starb die alte Gutsherrin und wurde unter einem von ihr entworfenen Grabmal neben ihrem Mann beigesetzt. Da sie stets um das Wohl der Menschen ihrer Umgebung besorgt war, war ihr Ansehen beachtlich. So schrieb eine Zeitung anlässlich ihres Todes:

„Hier endet ein patriarchalisches Verhältnis zu den Gutsleuten ohne Gleichen!“

Kurz nach dem Tod seiner Mutter zog Otto Brusselle mit seiner Familie in das Basthorster reetgedeckte Herrenhaus, das nunmehr weitgehend renoviert wurde und unter anderem ein Ziegeldach erhielt. Inspektor Petersen zog aus dem Ostteil des Herrenhauses in das umgebaute Brauhaus, das alte Viehhaus wurde abgerissen und ein modernes Ersatzgebäude errichtet. Die 1912 durch ein Feuer vernichteten Gebäude – die „Haferscheune“, der alter Pferdestall und eine Arbeiterwohnkate – wurden ebenfalls durch moderne, schöne Neubauten ersetzt.

Kaum waren diese fertiggestellt, begann am 1.August 1914 der 1.Weltkrieg. Der einzige Sohn Josef zog als Rittmeister mit einer Ulanschwadron an die Westfront. Viele der aus den drei Dörfern Ausgezogenen, die an verschiedenen Fronten des Krieges kämpften kamen nicht zurück: aus Basthorst kehrten 13, aus Dahmker 4 und aus Hamfelde 5 Männer bis zum Ende des Krieges nicht in die Heimat zurück.

Josef Brusselle fand sich 1916 seelisch und körperlich krank durch die schweren Fronterlebnisse wieder in der Heimat ein. Bis an sein Lebensende erholte er sich nicht mehr von den Kriegserlebnissen und dessen Folgen.

Sein Vater Otto Brusselle übergab den alten Familienbesitz am 28.August 1919 seinem nicht ganz gesunden Sohn, wohl auch aus dem Grund heraus, dass er ihm eine echte Aufgabe übergeben wollte. Josef hatte eine unglückliche Lebensgeschichte – eine Verlobung war aufgelöst worden – und sein Vater sorgte sich um den depressiven Sohn.

Fünf Jahre später verstarb der kluge, führsorgliche, vornehme Edelmann Otto Brusselle, beweint von seinen Kindern, Enkeln und Gutsleuten.