Widerstand gegen Freileitung wächst
Neue Allianz gegen Stromtrasse: 15 Orte im Schulterschluss – Bohrtunnel-Idee sorgt für Spannung
Von Florian Grombein
Kuddewörde. Der Widerstand gegen die geplante Stromtrasse von Hamburg-Ost nach Sahms nimmt an Fahrt auf. Ausgehend vom Protest in Kuddewörde entsteht jetzt ein breiter Schulterschluss: Am kommenden Mittwoch, 7. Mai, wird im Dorfgemeinschaftshaus Kuddewörde das „Aktionsbündnis Sachsenwald-Billetal“ (AbS-B) offiziell gegründet. Ab 19.30 Uhr wollen Vertreter zahlreicher Gemeinden, Unternehmen, Anwohner sowie Natur- und Umweltschutzverbände gemeinsam ihre Interessen bündeln.
Neben Kuddewörde wollen sich laut Initiator Hans-Heinrich Stamer Vertreter aus Oststeinbek, Barsbüttel, Willinghusen, Stemwarde, Kronshorst, Rausdorf, Witzhave, Grande, Dahmker, Basthorst, Möhnsen, Havekost, Grove, Elmenhorst und Sahms dem Bündnis anschließen. Ziel ist es, den Bau der 380/110 kV-Höchstspannungsleitung von 50Hertz in der aktuellen Form als Freileitung zu verhindern. Stattdessen fordern die Gegner eine nachhaltige Alternative: eine Bohrtunnel-Erdleitung entlang der A24.
Stamer spricht von einem Pilotprojekt. Die anfallende Abwärme der Leitungen soll für kommunale Wärmenetze genutzt werden. Nur hat der Bund den Firmen Tennet und 50Hertz, die das neue Stromnetz im Norden bauen sollen, klare Aufträge gegeben. Eine Erdleitung im begehbaren Mega-Tunnel steht im Herzogtum nicht zur Debatte.
„Unser Motto ist: Eenigkeet makt stark“, heißt es aus den Reihen der Organisatoren auf Plattdeutsch. Ihre Einigkeit gegen die geplanten Stromtrassen soll mit fachlicher Beratung, anwaltlicher Unterstützung und gebündelter finanzieller Kraft einhergehen. Sie wollen die Trassenplanung stoppen oder zumindest erheblich verändern.
Hintergrund des Konflikts: 50Hertz plant, den Windstrom aus Offshore-Anlagen in der Nordsee durch neue Leitungen bis nach Süddeutschland zu transportieren. Die Firma betreut das Vorhaben 51 – eine Freileitung. Und dafür hat sie einen Auftrag vom Bund. Für eine klimaneutrale Energieversorgung bis 2045 ist der Netzausbau gesetzlich fixiert und dringend notwendig. Doch die Wahl der Trassenführung sorgt lokal für massive Unruhe.
Insbesondere in Kuddewörde wächst die Angst vor gesundheitlichen Risiken durch elektromagnetische Strahlung sowie einer Zerschneidung der Landschaft. Auch der Verlust von Lebensqualität spielt in der jetzt veröffentlichten Pressemitteilung des Aktionsbündnisses eine Rolle. Der Gemeindevertreter Stamer brachte deshalb bereits die Idee eines zehn Kilometer langen Tunnels unter dem Sachsenwald ins Spiel, um sein Dorf zu verschonen.
Der geplante Bau der Freileitung auf bis zu 60 Meter hohen Masten könnte sich durch wachsenden Widerstand nun erheblich verzögern. Dann nämlich, wenn das Aktionsbündnis juristische Schritte einleitet. Eine Klage wäre nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens möglich. In der Folge könnte das gesamte Projekt Jahre in Anspruch nehmen. Dabei drängt für Bund und Netz-Ausbau-Unternehmen die Zeit: Schon 2029 soll die Baugenehmigung erteilt sein, 2031 sollen die Leitungen ans Netz gehen.
Planunterlagen für das Vorhaben sind online einsehbar unter www.netzausbau.de/vorhaben51-ost. Einwendungen gegen die Trasse können noch bis zum 9. Juni 2025 eingereicht werden. Das Aktionsbündnis ruft alle Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Orte auf, ihre Stimme zu erheben: „Jede Einwendung könnte entscheidend sein“, heißt es in ihrer Pressemitteilung.
„Tennet nimmt die Bedenken der Menschen in den von ihren Energiewende-Projekten betroffenen Regionen immer sehr ernst“, sagt Jan Niklas Wölfel, Referent für Bürgerbeteiligung bei Tennet. Deshalb habe es in der Vergangenheit verschiedene Informationsveranstaltungen im Zuge der Planung der Elbe-Lübeck-Leitung gegeben. Sie soll durch Flächen in Elmenhorst laufen.
Vertreter aus dieser lauenburgischen Gemeinde sind zum Gründungstreffen des Aktionsbündnisses angemeldet. Seit Beginn des Projekts stünde Tennet im kontinuierlichen Dialog mit Gemeinden, Behörden sowie Flächeneigentümerinnen und Flächeneigentümern. „An der Veranstaltung am 7. Mai hätten wir sehr gerne und mit großem Interesse teilgenommen“, sagt Wölfel. Doch an dem Datum sei diese wegen einer Energiewende-Messe in Heide mit Umweltminister Tobias Goldschmidt nicht möglich.
„50Hertz wird nicht an der Gründungsveranstaltung des Aktionsbündnisses teilnehmen, da wir als Vorhabenträgerin nicht in die genannte Zielgruppe des Aktionsbündnisses fallen“, erklärte Louise Koch, Sprecherin von 50Hertz in Berlin. Im Herbst wollen 50Hertz und das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur die Gemeinden über die konkret anstehenden Netzausbauvorhaben in der Region informieren.
Quellenangabe: LN Lauenburg vom 04.05.2025, Seite 10